von Jonathan & Melanie Loos
Wann beginnt Leben? Wann ist ein Mensch ein Mensch? Wichtige, fundamentale Fragen, auf die verschiedenste Leute verschiedenste Antworten geben. Für die einen beginnt menschliches Leben ab dem dritten Schwangerschaftsmonat, für andere ab der Befruchtung der Eizelle und für wieder andere erst ab der Geburt. Schaut man sich den Entstehungsprozess eines neuen Menschen einmal unter der Lupe, oder besser gesagt, unter dem Mikroskop an, kann man Spektakuläresbeobachten: Wenige Stunden nachdem Samenzelle und Eizelle bei der Empfängnis miteinander verschmolzen sind, beginnen die ersten Zellteilungen der befruchteten Eizelle, die man Zygote nennt. Die DNA-Fäden dieser winzig kleinen Zellen enthalten schon zu diesem Zeitpunkt alle Informationen über das kleine Wesen, welches nun langsam heranzuwachsen beginnt. So sind beispielsweise das Geschlecht, die Haarfarbe und der Abstand der Augen bereits festgelegt. Diese enorme Datensammlung enthält so viele Informationenwie eine Bibliothek mit 1000 Bänden!1
Die Zygote ist genetisch einzigartig, in vielerlei Hinsicht unterschiedlich zur Mutter. Diese Einzigartigkeit wird besonders dadurch sichtbar, dass das neue menschliche Wesen vom sechsten Tag an ein spezielles Enzym (IDO) erzeugen muss, um von der Mutter nicht abgestoßen zu werden. Die mütterlichen Immunzellen würden es sonst als Fremdkörper erkennen und zerstören. Erstaunlich: Der kleine Mensch ist nicht einfach ein Teil des mütterlichen Körpers! Er ist zwar von ihr abhängig, aber dennoch grundverschieden. Nach fünf bis neun Tagen nistet sich die Zygote in die Gebärmutterschleimhaut ein, um dort Sicherheit und Nahrung zu finden. Nach der Einnistung wird der neue Mensch von da an stetig von der Mutter versorgt. Die nächste Phase des hoch komplizierten und genial konstruierten genetischen Programms beginnt: In einem atemberaubenden Tempo wächst das Ungeborene heran und bildet schon bald lebenswichtige Organe aus. Nur 18 Tage nach der Empfängnis entwickelt sich das Herz und beginnt bereits drei Tage später zu schlagen. Am 40. Tag sind die Gehirnströme des kleinen Menschen messbar.2
Der Gedanke, dass der Mensch nach der Empfängnis nur ein undefinierbarer Zellklumpen sei, ist alt. Nach dem heutigen Stand der Medizin kann man jedoch mit Sicherheit sagen, dass das im Mutterleib heranwachsende Wesen zu jedem Zeitpunkt eindeutig menschlich ist. Lennart Nilsson, der schwedische Pionier der Gebärmutterfotografie, sagte über ein Ungeborenes 45 Tage nach der Empfängnis, also noch bevor viele Frauen überhaupt wissen, dass sie schwanger sind: »Obwohl der Embryo jetzt nur knapp ein Gramm wiegt, hat er alle inneren Organe eines Erwachsenen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Er hat schon einen kleinen Mund mit Lippen, eine frühe Zunge und Knospen für zwanzig Milchzähne. Seine [...] Fortpflanzungsorgane haben angefangen zu wachsen.«3Wann beginnt Leben? Offensichtlich ist das winzige Wesen schon zu diesem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft ein vollwertiger –wenn auch noch ungeborener –Mensch, der sich lediglich in seiner Größe (ca. 1 cm) und seinem Lebensraum von uns geborenen Menschen unterscheidet.
Fast alle ärztlich durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland finden zwischen der 8. und 12. Schwangerschaftswoche (SSW) statt. Das ist nach dem Stadium, in dem Nilsson schon einen kleinen Mund und Zahnknospen fotografieren konnte. Dass Abtreibungen erst ab der 8. SSW durchgeführt werden, liegt darin begründet, dass eine Frau natürlich zunächst wissen muss, dass sie schwanger ist, bevor sie sich bewusst für eine Abtreibung entscheiden kann. Nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches ist eine Abtreibung zwar normalerweise verboten, allerdings bleibt die betroffene Frau straffrei, wenn sie sich bei einer staatlich anerkannten Stelle beraten lässt und dann eine Bedenkzeit von mindestens 72 Stunden einhält. Außerdem muss die Abtreibung aus rechtlichen Gründen vor der 13. SSW durchgeführt werden. Fast alle ärztlich durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche fallen somit in eine Zeit, in der das ungeborene menschliche Wesen etwa zwischen ein und fünf Zentimeter groß ist und in der es schon zarte Gesichtszüge und innere Organe ausgebildet hat. Jede dieser Abtreibungen führt somit unweigerlich zur Beendigung von Herzschlag und Gehirnströmen.Bei geborenen Menschen würde man dies schlichtweg »Tod« nennen. Nichts anderes geschieht mit dem Ungeborenen: Abtreibungen führen zum Tod eines sehr kleinen Menschen.
Der Bauch der Mutter ist ein sehr sicherer Ort für den ungeborenen Menschen. Von allen Seiten ist er geschützt und geborgen. Doch es gibt einen Eingang zur Gebärmutter, der für das Baby später als Ausgang benutzt wird: der Muttermund, der in die Scheide und dann aus dem Körper der Mutter hinausführt. Auf ebendiesem Weg wird sich bei einem ärztlich durchgeführten Schwangerschaftsabbruch Zugang zum Ungeborenen in der Gebärmutter verschafft. Die in Deutschland am häufigsten eingesetzte Methode, um abzutreiben (2018: 59%)4, ist die Absaugung, auch Vakuumaspiration genannt. Sie findet entweder unter örtlicher Betäubung oder unter Vollnarkose statt und beginnt damit, dass der Arzt den Gebärmutterhals weitet. Anschließend führt er eine Kanüle in die Gebärmutter ein und saugt das sogenannte Schwangerschaftsgewebe komplett ab, wodurch der neue Mensch »einfach entfernt«, also sofort getötet und die Schwangerschaft beendet wird. Eine weitere Möglichkeit der Abtreibung ist der chemische Schwangerschaftsabbruch, bei welchem mithilfe des Wirkstoffs Mifepriston (einem künstlichen Hormon) ein körpereigenes Hormon blockiert wird, sodass die Schwangerschaft nicht fortbestehen kann. Der Körper der Mutter stößt den neuen Menschen ab, wodurch die Schwangerschaft innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen beendet wird.5
Die Abtreibungszahlen in Deutschland sind rückläufig. So wurden im Jahr 1996 noch etwa 130.000 Schwangerschaftsabbrüche gezählt, im Jahr 2016 »nur« noch knapp 100.000. Allerdings folgte darauf wieder ein leichter Anstieg. Zum Vergleich: Die Zahl der Geburten lag 2018 bei etwas unter 800.000. Jede 9. Schwangerschaft endete demnach in einem Abbruch. 100.000 Menschen pro Jahr, die nie geboren werden, ist eine gewaltige Zahl. Dabei erfolgten 2018 über 96% der Abtreibungen auf Basis der Beratungsregelung durch staatlich anerkannte Organisationen. Dies bedeutet,dass nur knapp 4% aller Schwangerschaftsabbrüche aufgrund von medizinischen Indikationen durchgeführt wurden, als beispielsweise das Leben der Mutter auf dem Spiel stand.6Abtreibungen nach Vergewaltigungsfällen, die häufig als Argument herangeführt werden, sind sogar noch seltener!7Viel häufiger liegt die Entscheidung für eine Abtreibung an sozialen Schwierigkeiten.
Es wurde bereits deutlich gezeigt, dass es sich schon zu Beginn einer Schwangerschaft um ein menschliches Lebewesen handelt und eine Abtreibung damit zum Tod dieses Menschen führen würde. Aber selbst wenn man sich darüber nicht ganz sicher wäre, sollte man sich niemals für eine Abtreibung entscheiden, wie folgende Beispielgeschichte verdeutlicht: Ein Jäger befindet sich bei grauem Regenwetter und trüber Sicht auf der Jagd. Langsam bricht die Abenddämmerung herein. Nach stundenlangem Spähen entdeckt er auf einmal auffällige Bewegungen im Dickicht. Es raschelt im Geäst. Ist das ein Reh? Der Jäger nimmt sein Fernglas und traut seinen Augen nicht! Hat er gerade eine Hand zwischen den Blättern gesehen? Nein, das kann eigentlich nicht sein! Hier in der Gegend zu dieser Uhrzeit ist normalerweise nie ein Wanderer im Wald! Der schemenhafte Umriss ist nun wieder zu sehen. Nein, das ist aller Wahrscheinlichkeit nach kein Mensch. Der Jäger legt sein Gewehr an. Ja, das müsste sehr wahrscheinlich sein Reh sein. Und drückt ab.
Diese Geschichte ist natürlich nur fiktiv. Es ist kaum vorstellbar, dass der Jäger in einer solchen Situation die waghalsige Entscheidung treffen würde, zu schießen. Aber wie sicher müsste er sein, dass es sich wirklich um ein Reh und keinen Wanderer handelt, um abzudrücken? 50%? 80%? 99%? Nein. Er müsste sich 100% sicher sein! Läge die Wahrscheinlichkeit bei nur 1%, dass sich dort ein Mensch im Wald befände, würde der Jäger niemals in Erwägung ziehen, den Abzug zu betätigen. Wie sicher müssen wir beim Thema Abtreibung sein, dass es sich im Mutterleib nicht um einen kleinen, vollwertigen Menschen handelt, um einen Schwangerschaftsabbruchdurchzuführen? Wenn die Wahrscheinlichkeit nur bei 20%läge, dass es sich um einen echten Menschen handelt, sollte man dann abtreiben? Die Antwort lautet ebenso wie bei der beispielhaften Geschichte mit dem Jäger: Nein! Denn eine Abtreibung würde zum Tod dieses einzigartigen, wertvollen Menschen führen.
Bis in die 1970er-Jahre war Abtreibung in Deutschland strikt verboten. In der aufkommenden Protestbewegung wurde insbesondere der Slogan »Mein Bauch gehört mir« zum Motto der Abtreibungsbefürworter, welches bis heute auf Plakaten und Transparenten bei Demonstrationen für das Recht auf Abtreibung zu lesen ist. Die Botschaft ist klar und deutlich: Frauen werde ein fundamentales Recht auf Selbstbestimmung entzogen, wenn man Abtreibungen verbieten würde. Die Einzige, die entscheiden dürfe, ob eine Frau ihr Kind abtreibt oder nicht, sei die Frau selbst. So der Gedanke dahinter. Im englischen Sprachraum wurde von Abtreibungsbefürwortern der Begriff »Pro-Choice« geprägt, der deutlich machen soll, dass man Frauen eine Wahlmöglichkeit lassen müsse. Es scheint also, als ob durch ein Abtreibungsverbot Frauen benachteiligt würden.
Dochaus der Perspektive des Kindes erscheint das Ganze in einem ganz anderen Licht. Wie schon erklärt, ist ein ärztlich durchgeführter Schwangerschaftsabbruch biologisch gesehen zweifelsfrei das Abtöten eines Menschen, da Herzschlag und Gehirnströme beendet werden. Im Unterschied zu schon geborenen Menschen sind diese kleinen Personen allerdings noch im Mutterleib. Gibt dieser Umstand den Müttern das Recht, über das Leben und Sterben ihres Kindes zu entscheiden? Ist es nicht merkwürdig, dass eine Mutter, die ihr Neugeborenes tötet, eine harte Strafe zu erwarten hat, während eine Mutter, die ihr Ungeborenes vor der 13. SSW abtreiben, alsotöten lässt, unter bestimmten Umständen (siehe oben) straffrei bleibt? Diese Grenzziehung ist biologisch gesehen völlig willkürlich. Allein der Ort, an dem sich der Mensch befindet, macht hier einen dramatischen Unterschied.
Viele Frauen bereuen später den Schwangerschaftsabbruch und sind noch lange danach psychisch stark belastet. Doch dann ist es zu spät. Der kleine Mensch ist unwiderruflich tot. Was bleibt, ist häufig das aufgewühlte, schlechte Gewissen. Ein Zeichen dafür, Unrecht getan zu haben. DieWelt ist voller Ungerechtigkeit, die vielen Abtreibungen sind nur ein Teil davon. Jede Frau, die ein Kind abgetrieben hat, aber auch jeder Vater, der eine Frau dazu gedrängt hat –sie alle werden sich einmal vor ihrem Schöpfer für ihr Handeln verantwortenmüssen. Genauso wie wir alle, die wir die guten Gebote eines absolut gerechten Gottes tagtäglich übertreten. Doch es gibt Hoffnung! Der Gott, der sich auf so faszinierende Weise das Leben erdacht hat, will Menschen nicht bestrafen. Er will sie retten! Retten vor einem Leben, das sich und andere zerstört. Er will jede Sünde vergeben und anklagende Gewissen zur Ruhe bringen –ganz gleich, was wir getan haben. Gott kann und will alle Sünden vergeben. Und dafür hat er in tiefer Liebe zu uns alles investiert. Er hat seinen einzigartigen Sohn, Jesus Christus, für uns Menschen auf die Erde gesandt. Jesus hat die Strafe, die wir Menschen verdient haben, freiwillig auf sich genommen und am Kreuz mit seinem Leben dafür bezahlt. Jetzt gibt es Hoffnung.
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Dieser Artikel ist eine gekürzte Version des Heftes „Lebenswert“, Jonathan & Melanie Loos, 48 Seiten, CLV, 1. Auflage 2021, 1,90 und kann hier erworben werden.